Sind Bücher wie Ostereier?

Vor einigen Jahren habe ich einmal ein kleines Buch gelesen, das hieß „Die Grammatik der Phantasie“. Auf dem Cover lief eine Giraffe an einem Hochhaus vorbei. Und innendrin, da standen wunderschöne Gedanken darüber, wie wenig (und was genau) es braucht, um auf neue Ideen zu kommen und Geschichten zu erfinden, die schon beim Ausdenken glücklich machen.

Was das mit Ostern zu tun hat?

Auf den ersten Blick gar nichts. Und das ist genau die Idee: Die Phantasie springt da am liebsten an, wo man zwei Dinge miteinander in Berührung bringt, die sich normalerweise nie berühren. Eine Tulpe und einen Wal; ein Fahrrad und das Dach eines Hochhauses; eine Perle und einen Bettler  oder …

… ein Buch und ein Osterei.

Ich hatte heute einfach Lust auf diese Betreffzeile. „Was Ostereier und Bücher gemeinsam haben“. Und ich nutze diesen Beitrag, um es selber zu ergründen. Dafür nutze ich eine Technik, die ich in meinen Kursen oft anbiete, wenn es darum geht, ein Thema in seiner Breite auszuloten: „Ich denke an …“

So klingt die Anleitung in meinen Kursen: Beginne immer wieder mit den Worten „Ich denke an …“ und lass Dich davon überraschen, was Dein Stift erzählt. Schreib immer, so lange der Schwung Dich trägt. Dann denke wieder an Dein Thema, lass eine Leerzeile frei und beginne noch einmal mit „Ich denke an …“. Immer wieder, sieben, neun Mal – so lange, bis Du einen Punkt der Zufriedenheit erreicht hast.

Immer wieder mit dem gleichen Wort oder dem gleichen Satzanfang zu beginnen, diese Technik nennt man übrigens „serielles Schreiben“.

Woran denke ich also bei Ostereiern und Büchern?

  1. Ich denke an Freude.
    Das Lächeln, wenn ich Verstecke für Nester suche – und das Lächeln, wenn ich über Überschriften, passende Worten und Beispiele nachdenke, ist dasselbe: vorfreudig, verschmitzt. Es blitzt bis in die Winkel der Augen.
  2. Ich denke an das Vorbereiten.
    Zu Ostern heißt das: einkaufen, färben, Geschenke besorgen, Schokolade im Abstellraum verstecken. Beim Schreiben heißt es: achtsam durch den Alltag gehen und Inspirationen sammeln; Brainstormings machen; schon vorhandene Texte sichten; Zeitfenster fürs Schreiben schaffen. Was zu Ostern das Verstecken und Suchen ist, ist beim Schreiben das Hinsetzen und das Öffnen des neuen Word-Dokuments. „Der große Tag“ ist zu Ostern Ostersonntag. Und beim Schreiben jeder Tag, an dem man sich Zeit zum Schreiben nimmt.
  3. Ich denke an das Finden.
    Als schreibender Mensch hat man ja das Glück, sich selber als erster zu lesen. Weil der Stift (oder die Fingerkuppen auf der Tastatur) immer mehr weiß und wissen als man selbst, darf man sich stets überraschen lassen. Man darf ein „Ei“ (einen Gedanken, ein Wort, ein Thema, eine interessante Frage, eine Geschichte) nach dem anderen finden. Und es nach dem Finden genießen.
  4. Ich denke an Eierpecken.
    „Knack“. Welches Ei wird zerspringen und welches ganz bleiben? Das weiß man vorher nie. Beim Buchschreiben gibt es Ideen, die sich tragfähig zeigen und andere, die schnell zerspringen. Welche verpuffen wird und welche sich als fruchtbar erweist, weiß man vorher nicht. Man muss es ausprobieren. Gewinner ist man in jedem Fall.
  5. Ich denke an Frühling.
    Ostern ist ein Fest des Neubeginns. Im Ei reift neues Leben. Grünes Gras kündet von Frische und künftigen Barfußtagen. Und ein Buch? Mit jedem Buch, das man schreibt, erschafft man sich neu. Man erweckt einen Teil von sich zum Leben, der vorher versteckt oder verborgen war. Man zeigt sich. formiert sich, gibt dem, was in einem wohnt, Gestalt.
    Autorin zu sein, heißt: wachsen zu dürfen und immer wieder neu zu erstehen. Der Frühling kündet vom Sommer. Das Schreiben eines Buchs kündet von der Zeit, in der man das, worüber man geschrieben hat, voll integriert hat.
  6. Ich denke an das Brüten.
    Passt jetzt zwar nicht ganz zum Osterei, weil das ja schon gekocht ist oder aus Schokolade. Aber das Ei als Symbol wird gebrütet. Und auch Bücher brauchen Brütezeit, Sitzfleisch und Vertrauen. Aus dem Ei kann erst neues Leben kommen, wenn die Schale zerbricht. Auch bei Büchern ist es oft so: Wenn ein Konzept, ein Plan, ein Titel zerbricht, schlüpft plötzlich etwas Neues, Lebendiges. Ein Ideen-Küken, das uns bezaubert und in seinen Bann zieht.
  7. Ich denke zuletzt … ans Familie. 
    Die Familie treffen – viele tun das zu Ostern. Nicht für alle ist das unbedingt schön. Egal, wie das mit Dir und Deiner Familie ist: beim Schreiben eines Buchs verbindest Du Dich mit Deiner wirklichen Herz- und Seelenfamilie. Einerseits mit jenen Autoren und Mitdenken, von denen Du Dich inspirieren lässt, die Du zitierst und deren Wissen Dir während des Schreibprozesses wertvoll wird. Andererseits mit Deinen Leser*innen, die sich auf Dich freuen und das wertschätzen, was Du zu geben hast.
    Ein Buch zu schreiben sieht oberflächlich betrachtet wie ein einsamer Prozess aus. In Wirklichkeit bist Du beim Schreiben in sehr guter Gesellschaft und niemals allein.

 

Frohe Ostern Dir und allen, die bei Dir sind,

Deine Barbara Pachl-Eberhart

 

P.S.: Wenn Du daran denkst, ein Buch über Dein Leben zu schreiben, schau Dir doch einmal den Kurs „Papierflugreise zu mir selbst“ an.
Im Mai 23 live online (auf Zoom) und im Juni in Vorarlberg (Bildungshaus Arbogast)

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